A 11
Besteuerung

Die anstehende friedliche Gesellschaftsreform kann in wesentlichen Teilen den Charakter einer gründlichen Steuerreform annehmen. „Gründlich“ steht dabei nicht für eine spektakulär aufgeblasene Schnellschuss Aktion, sondern für in sich konsistente, zwischen den teilnehmenden Staaten harmonisch abgestimmte und in einem angemessenen Zeitplan schrittweise greifende Modifikationen des Bestehenden.

Es geht darum, dem Gigantismus der Vermögens Ansammlung  und  der entsprechenden Machtakkumulation nachhaltig Grenzen zu setzen, da eine Unvereinbarkeit mit den Werten Freiheit, Demokratie und Frieden vorliegt. Leser, welche die absolute Notwendigkeit dieser Zielsetzung anzweifeln, sollten dieses und die folgenden Kapitel überspringen, bei Kapitel A 18.“Anonymität ...“ weiterlesen und an diese Stelle erst nach Abschluss des Kapitels Blocks A zurückkehren. 

Um eine nachhaltige (aber großzügig anzulegende) Begrenzung der Macht des Geldes sicherzustellen, kommen namentlich folgende Mechanismen in Betracht: a) eine entsprechend abgestimmte Vermögens- und Erbschaftssteuer auf Milliardenvermögen 

b) eine reduzierte Einkommensteuer auf Arbeitseinkommen c) eine reformierte Unternehmenssteuer, welche Großunternehmen schrittweise stärker zur Kasse bittet und die bislang ausgeplünderten  kleinen und mittleren Unternehmen entsprechend entlastet.  

Eine Vermögensabgabe hat es beispielsweise in Westdeutschland nach dem II. Weltkrieg gegeben, und zwar in Höhe von 30 %. Dieser sogenannte Lastenausgleich  betraf die Immobilieneigentümer (per Zwangshypothek). Für die Bemessung einer Vermögenssteuer auf kleine und mittlere Vermögen bietet der Satz von 30 % einen Richtwert, bei dem das grundsätzliche Eigentumsrecht als Grundlage des inneren Friedens gewahrt bleibt. Bei kapitalistischen Riesen Vermögen entspricht auch noch ein Satz von ca. 50 % einmaliger Vermögensabgabe voll und ganz diesem Grundprinzip. Das wird nach Zurechtrücken der Maßstäbe klar – wer ultrareich ist, bliebe selbst nach einem Verlust von über 99% seines Vermögens immer noch sehr reich.

Bei Einschwenken der Kapitalisten auf einen kooperativen Kurs kann es bei der einmaligen Sonderabgabe bleiben. Um das prozentuale Vermögenswachstum der Geld Dynastien auf ein Maß zurückzuführen, welches das der übrigen Bevölkerung nicht länger übersteigt, bedürfen allerdings Erbschafts-, Einkommens-, Unternehmens- und Kapitalertragsteuern einer Reform mit Augenmaß für Fairness und Nachhaltigkeit.

Eine Vermögenssteuer kann nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn auch das Stiftungsrecht dementsprechend angepasst wird, weil Stiftungen traditionell beliebte Steuersparmodelle superreicher Familienclans darstellen und zugleich den Generationenübergang erleichtern. Wenn das Wachstum der riesigen Vermögen begrenzt werden soll, ist zuvorderst Transparenz notwendig, welche mit dem Stiftungsmodell allerdings kaum zu erzielen ist. Falls dazu von den Betroffenen keine praktikablen Vorschläge vorgelegt werden, erscheint eine Individualisierung, also Aufteilung und persönliche Zuordnung der augenblicklich in Familienstiftungen zusammengefassten Vermögenswerte unvermeidbar. 

  1. Die wichtigste Rolle bei der Limitierung der Riesenvermgen kommt der Erbschaftssteuer zu, hat sie doch das gigantische Problem der Weitergabe von Macht in der Generationenfolge zu lösen. 

  2.  In Kapitel „Kapital II“ hieß es: „Die Motivation, unter Einbringung von viel Lebenskraft einen Betrieb aufzubauen, rührt zum gar nicht geringen Teil aus eben dieser Neigung, für die eigenen Nachkommen zu sorgen, im Idealfall also eine gesicherte Existenz aufzubauen und als Erbe zu hinterlassen.“ –  Auch die Geld Dynastien sind nach dem Prinzip gewachsen, „für die eigenen Nachkommen zu sorgen, im Idealfall also eine gesicherte Existenz ... "als Erbe zu hinterlassen.“  

  3.  Doch hat das Ausmaß dieser Akkumulation auch die Versuchung gewaltig gesteigert, daraus politische Macht abzuleiten. 

  4. Unter Berücksichtigung aller drei vorausgegangener Aspekte ergibt sich eine faire und nachhaltige Lösung, den Vermögenswert, welchen eine Person  maximal vererben kann, zu begrenzen. Dieser kann beispielsweise mit 30 Milliarden USD angesetzt werden, das heißt, übersteigende Werte gehen im Erbfall an den Staat. Der Fairness kann entsprochen werden, indem Vermögenswerte gegen eine moderate Schenkungssteuer bereits zu Lebzeiten auf Angehörige verteilt werden können. - Das Vererben einer gesicherten Existenz sollte auch in Zukunft als Prinzip nicht in Frage gestellt werden – im scharfen Kontrast zum Vererben von politischer Macht und damit auch von gigantischen Vermögen. Je konstruktiver sich die superreichen Familienclans entsprechend der politischen Zielvorgabe aufstellen, umso grosszügiger kann die Bemessung der Obergrenzen bleiben.

Tatsächliche unternehmerische Tätigkeit – im Unterschied zu einem Auftreten als  Investor – ist mit bedeutenden Steuervorteilen zu honorieren, und zwar bei der Vermögenssteuer, bei der Erbschaftssteuer, bei den maximal vererbbaren Werten und ebenso bei der Versteuerung der laufenden Erträge. Für die Bemessung der Erbschaftsteuer bedeutet das, dass der Generationenübergang zwischen aktivem Senior- und aktivem Junior Unternehmer steuerlich erheblich günstiger ist als der zwischen zwei Generationen von nicht arbeitenden Investoren.

Erstens kann der psychologische Nutzen für die Persönlichkeitsentwicklung von Menschen, die bis dahin nur investiv tätig waren, kaum hoch genug eingeschätzt werden. Zweitens  ist die Anerkennung solcher Lebenswerke von Ausnahmen Unternehmern wie Elon Musk oder Jeff Bezos ein Gebot der Fairness. - Eine steuerlich auch nur annähernde Gleichbehandlung mit bloßen Investoren und Erben der Erben der Erben von Investoren bzw. Kapitalisten wären mit den Maßstäben einer freiheitlich rationalen Ethik unvereinbar. 

Ein völlig erbschaftssteuer freier Übergang an die nächste Generation scheidet aber auch im erstgenannten Fall aus, da es bei jedem Erbe an Produktionsmitteln zunächst wortwörtlich um „verstorbene Arbeit“ geht, deren mögliche Neueinstufung als „Kreativitätsmittel“ vom unternehmerischen Engagement der Erben abhängt. Erfassbare Kriterien für ein solches Engagement sind vor allem relevante Qualifikation (Studium Betriebswirtschaft, Informatik, Ingenieurwesen usw.- nicht Jura), nachweislich selbst erarbeitete Patente und technische Innovationen und dokumentierte Arbeitszeiten für den Betrieb. Erbschaftssteuern sollten ebenso wie die einmalige Vermögensabgabe nach Möglichkeit in Form von Aktienpaketen entrichtet werden, welche der Staat akkumuliert, um aus den Dividenden seinen Haushalt zu bestreiten. Die schon mittelfristige Perspektive besteht in Spielräumen für Steuersenkungen. 

Aus dem Vergleich der gesellschaftlichen Bilanzen (Kapitel „Kapital I“ und "Kapital II“) von kleineren unternehmergeführten Firmen und Grossunternehmen leitet sich das Gebot differenzierter Steuersätze ab, die mit der Unternehmensgröße ansteigen. Ist der Eigentümer im Betrieb organisatorisch oder technisch vollzeit tätig, sollte dafür ein fester Steuerfreibetrag gewährt werden. Der Festbetrag würde zusätzlich den Charakter einer Starthilfe haben, da er für einen Großbetrieb nicht ins Gewicht fällt, aber ein Startup-Unternehmen entscheidend entlastet. Solche Steuervorteile sollten personalisiert werden, indem jeder Bürger zeitlebens bis zu z.B. 200.000 US-Dollar in selbständiger Tätigkeit im Bereich Produktion steuerfrei umsetzen darf. - Der Bezug auf den Umsatz ergibt sich aus der zusätzlichen Forderung nach schrittweiser Vereinfachung des Steuerrechts. Die Bezugnahme auf den Gewinn würde dagegen bedeuten, dass auch die Letztgenannten eine Bilanzbuchhaltung unterhalten müssten – ein zu vermeidendes bürokratisches Start Hindernis. Ob auf dem Wege einer solchen Vereinfachung oder davon unabhängig, sollte die steuerliche Absetzbarkeit von Schuldzinsen sukzessive abgeschafft werden, da sie ethisch und ökonomisch fragwürdige Abhängigkeitsverhältnisse von Kreditinstituten subventioniert. (Dass der “Westen” wieder zu einer soliden Finanzpolitik zurückkehren muss, wird spätestens gegen Schluss des Kapitels A 29. “China” klar.) 

Um einem weiteren Abgleiten in die Dienstleistungsgesellschaft entgegenzuwirken, können die genannten Steuervergünstigungen in den Bereichen Handel und Dienstleistungen nicht in derselben Höhe gewährt werden. Jedoch ist auch hier der Aufbau einer selbständigen Existenz zu fördern, und zwar umso stärker, je enger der Bezug zur Produktion und zu innovativer Technik ist. Handwerk und IT-Service würden folglich vor dem Handel  rangieren. Das Schlusslicht sollten Vermittlungstätigkeiten bilden, da deren gesellschaftlicher Nutzen mitunter zweifelhaft ist und da Publikationsmöglichkeiten im Internet im Allgemeinen bereits hinreichend den Kontakt zwischen Anbietern und Kunden gewährleisten. Auch kann bei sehr grossen Vermittlungsforen - ebenso wie bei den grossen Internetprovidern und Suchmaschinen - eine missbräuchliche Handhabung (Datenverkauf und personalisierte Diskriminierung) nicht ausgeschlossen werden. Gewerbsmässige Leiharbeitsvermittlung in der aktuellen Form kann nicht als gesellschaftsverträgliches Betätigungsfeld privaten Unternehmertums identifiziert werden, da sich im Gegenteil im Falle sich fortsetzender Oligopolisierung sozial nicht vertretbare Abhängigkeitsverhältnisse abzeichnen. Die betreffenden Firmen sind aufgefordert, sich zukünftigen Anforderungen entsprechend zu reformieren. 

Ein tatsächlich freier Arbeitsmarkt benötigt vor allem den ungestörten Kontakt und Informationsaustausch zwischen Arbeitgebern und Arbeitsuchenden. Ansonsten stellt Arbeitsvermittlung, einschließlich der Organisation von vorübergehender  Beschäftigung, ein sinnvolles Betätigungsfeld für moderne Gewerkschaften dar. Letztere sollten ihren Fokus von (tribalistischer) Interessenvertretung bereits Beschäftigter mehr auf Hilfestellung für Arbeitsuchende und deren Bewahrung vor ausbeuterischen Abhängigkeitsverhältnissen richten.  

Für Konzerne ist ein besonderes Steuerkonzept auszuarbeiten, welches geeignet ist, die Abtrennung oder alternativ die Vollintegration ihrer Tochterfirmen innerhalb einer fairen Übergangszeit von z.B. 12 Jahren herbeizuführen. Hier ist die allgemein zu fordernde internationale Abstimmung und Vereinheitlichung alternativlos. Konzerne sind, wie auch Noam Chomsky verschiedentlich klargestellt hat, nur eingeschränkt mit demokratischen Prinzipien vereinbar. Bereits der Eigentümer eines grossen Einzelunternehmens ohne Tochterunternehmen mit z. B. 20.000 Mitarbeitern kann den technisch-innovativen und/oder administrativ-kaufmännischen Bereich durch seine Tätigkeit nur in groben Zügen gestalten und so seiner gesellschaftlichen Stellung als Unternehmer entsprechen. Ausnahme Persönlichkeiten wie die oben erwähnten Selfmade-Großunternehmer widerlegen die Regel nicht und dementsprechend verdient ihr Lebenswerk mit Vorbildcharakter wie bereits festgestellt besondere Anerkennung und moderaten Zugriff der Steuerbehörden.

Zur Korrektur der akkumulierten Schieflagen ist eine Reform des Konzernrechts unausweichlich. Die dem Prinzip Konzern zu Grunde liegende Idee, dass eine Firma eine andere Firma kaufen kann, ist differenziert zu hinterfragen. Der grundsätzliche Einwand besteht in der o.g. Position eines Unternehmers als Person, nämlich einer Position mit besonderer Verantwortung innerhalb der Gesellschaft. Zwischen beiden Seiten, Unternehmer und Gesellschaft, besteht ein symbiotisches Win-Win-Verhältnis, indem jede Seite beachtliche Vorteile wahrnehmen kann und dafür mäßige Lasten in Kauf nehmen muss. 

Eine Firma als Rechtsperson, zumal eine AG, kann definitionsgemäß eine solche gesellschaftliche Stellung  nicht innehaben. Folglich kann eine Firma auch keine Firma kaufen und anschließend als weiterhin unabhängige Einheit betreiben, wie es einer natürlichen Person zusteht. 

Konzernen das Recht auf das Betreiben unabhängig abrechnender Tochterfirmen abzusprechen, leitet sich somit aus Prinzipien ab. Jahrzehntelange negative Erfahrungen mit den Folgeerscheinungen bestätigen diese Sicht – Oligopole, Marktverzerrung, mangelhafte Verantwortlichkeit und Nachhaltigkeit, insbesondere als Kostenexternalisierung zu Lasten anderer Personen und der Umwelt.

Konzerne und ihre ins Unkontrollierbare angewachsene Machtfülle sind aus der Ignoranz entstanden, den prinzipiellen Unterschied zwischen Rechtspersonen und natürlichen Personen im gesellschaftlichen Kontext nicht zu erkennen und nicht in das Rechtssystem zu integrieren.

Wie im Kapitel „Aktien“ bereits erläutert, resultiert die Gefährdung des Marktgleichgewichts nicht aus der schieren Grösse von Konzernen, sondern aus deren vernetzter und verschachtelter Struktur. Es ist prinzipiell Marktwirtschaft konform, wenn ein Konzern eine andere Firma kauft – vorausgesetzt, dass er diese anschließend (namentlich in sein Rechnungswesen) vollständig absorbiert. Zwar stellt die Absorption eines kleinen Wettbewerbers durch ein großes Unternehmen prinzipiell einen marktüblichen Vorgang dar, passt aber in der Phase der anstehenden Reformen nicht zu den aktuellen Zielen Dekonzentration und Konzern Entflechtung. Entsprechend ist bei solchen Verkäufen eine Absorptionsteuer in der Höhe der jeweils gültigen Grunderwerbsteuer fällig, also ca. 5%. In der Reformphase ist eine Absorption Steuer darüber hinaus generell von Konzernen zu erheben, und zwar konkret für jeden Absorptionsvorgang, also jede Eingliederung einer bisher rechnungstechnisch unabhängig – meist als GmbH - geführten Tochterfirma. Zu einer solchen Absorption sind sämtliche Konzerne zu verpflichten, falls sie ihre Tochterfirmen nicht optional veräussern wollen. Um dem Prinzip der Fairness zu entsprechen und um die Reibungsverluste im Systemübergang niedrig zu halten, ist eine angemessene Übergangszeit/ Frist von z.B. 12 Jahren zu gewähren.

Unternehmen als nicht natürliche Rechtspersonen dürfen also weiterhin andere Firmen oder Teile von Firmen (z. B. nach Konkurs) kaufen, den Neuerwerb jedoch keinesfalls als rechnungstechnisch eigenständigen Marktteilnehmer weiter betreiben.

Auch natürliche Personen sollten nur übergangs halber Eigentümer zweier oder mehrerer Firmen sein dürfen - denn niemand kann plausibel für sich in Anspruch nehmen, sich parallel um eine Vielzahl verschiedener Firmen mit der gesellschaftlich gebotenen Verantwortlichkeit kümmern zu können. Aus demselben Grund sollten Firmenaufkäufe durch Personen ohne inländische Staatsangehörigkeit (bzw. ohne Staatsangehörigkeit eine Landes derselben Staatengemeinschaft/ Allianz) nicht statthaft sein, schon gar nicht für externe Konzerne. 

Die prinzipiellen Unterschiede zwischen Firmen als Rechtspersonen und natürlichen Personen im gesellschaftlichen Kontext missachtet zu haben, hatte extrem weitreichende politische Konsequenzen, namentlich die faktische „Weltherrschaft der Konzerne“. Auch ist eine Fülle nutzloser bis kontraproduktiver Initiativen, Behörden und Gesetze zur „Bekämpfung der Monopole“ mit Vorwand Charakter ins Leben gerufen worden. Die im Kapitel „Kollaboration Staat-Kapital“ erwähnten Antitrust-Laws stellen ein solches Beispiel dar, ein weiteres das deutsche Bundeskartellamt

Aktuell haben kleine Startups mit erfolgversprechenden Innovationen Probleme, an genügend zinsgünstige finanzielle Mittel zu gelangen. Sie werden damit Konzernen in die Arme getrieben, die sie aufkaufen wollen. Bei der ohnehin unerlässlichen Reform des Finanzsektors ist entsprechendes Augenmerk darauf zu richten, dass diese kleinen Unternehmen zu gleichen Bedingungen an Kredite gelangen können wie Großunternehmen. Das ist eine Absichtserklärung, welche jedoch nur aus einem Prinzip verwirklicht werden kann. Das einzige marktkonforme Prinzip ist hier das eines wieder echten und fairen Wettbewerbs im  aktuell oligopolistisch verfilzten Finanzsektor.

Wir stehen heute vor den Ergebnissen von rund 420 Jahren Konzerngeschichte (Gründung der British East India Company am 31.12.1600). Zu Beginn der Reformen und noch bevor eine nachhaltige Heilung der Ursachen greifen kann, gilt es, einige der besonders problematischen Symptome und Auswirkungen der vorausgegangenen Fehlentwicklungen zu korrigieren. Dazu gehört das Begrenzen der gröbsten Steuer Tricksereien, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten etabliert haben (Kapitel A 9. „Super-Steueroasen“). Beispielsweise erscheint es praktikabel, die steuermindernde Anrechnung von  Lizenz- und Franchisegebühren sowie Patentrechten schrittweise (z.B.ebenfalls innerhalb von 12 Jahren) herunterzufahren, da die aktuelle willkürliche Bemessung in den Jahresendabrechnungen mit den Mutterkonzernen (siehe Kapitel A 8. „Aktien“ gegen Ende) eine Aushebelung von Marktgesetzen durch Konzerne darstellt.

Dividenden aus Aktienvermögen werden in Deutschland gegenwärtig pauschal mit 26,4 % besteuert, was auf den ersten Blick in Ordnung erscheint. Die Schieflage wird aber deutlich, wenn man diese arbeitsfreien Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Arbeitseinkommen vergleicht. Ein einfacher Arbeitnehmer in Deutschland bezahlt ca. 20 % Steuern auf sein Arbeitseinkommen, dazu aber noch Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge. Ein qualifizierter Mittelständler  kommt auf über 30% Einkommensteuer (Spitzensteuersatz 42%) plus Sozialabgaben, der Milliardär aber nur auf die genannten 26,4 %. Da der Spitzensteuersatz bereits für alle Beträge über rund 52.000 € im Jahr gilt, nehmen Hochqualifizierte aus den IT-Berufen, Spitzen Ingenieure und leitende Angestellte nach Abzug ihrer Sozialversicherungsbeiträge weniger als die Hälfte ihres verdienten Arbeitseinkommens mit nach Hause. Diese Bestrafung der Leistungsträger zugunsten reicher Investoren ist für die freiheitlich zivilisierten Länder typisch geworden.

Wer dagegen als reicher Aktionär seinen steuerlichen Wohnsitz in ein dafür passendes Steuerparadies verlegt , z.B. auf die Bahamas, braucht dort gar keine Steuern auf Dividenden zu bezahlen. 

Ganz allgemein hat die gigantische Machtakkumulation allen – den einfachen Bürgern wie aber auch auf andere Weise den Kapitalisten  selbst - eine politisch und psychologisch angespannte Lage eingetragen, eben besagte „Widersprüche“,  deren inzwischen überfällige Überwindung allseits große Besonnenheit und Ruhe sowie absolute Offenheit erfordern. 

Es ist kein simpler Formalakt, die Steuerprogression in die Bereiche sehr grosser Einnahmen hinein auszudehnen, denn es gilt einerseits die etablierten Schlupflöcher konsequent zu schließen und andererseits mit allen Massnahmen im Bereich der Fairness zu bleiben und damit auf dem Boden der sozialen Harmonie. 

Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte lehrt, dass es kaum je eine so gewaltige Steuerlast gegeben hat wie heute. Diese ist zugleich Ausdruck und Grundlage des gewaltigen Anwachsens staatlicher Eingriffe - und der mit ihnen verbundenen Machtverschiebungen – weg vom Mittelstand, der die Steuern überwiegend aufbringen muss, über die Hand des Staates und hin zu den grossen Konzernen und ihren Eigentümern. Die Dimension dieser Verschiebung macht zugleich die Dimension eines Skandals sichtbar – des Skandals, dass der Staat, obwohl immer größere Anteile der Wirtschaftsleistung in seine Steuerkasse fliessen, hoch verschuldet und gegenüber früheren Jahrzehnten auch an Sachvermögen verarmt ist.

An diesen Machtverschiebungen haben Aktivitäten am Aktienmarkt einen erheblichen Anteil. Hier gilt es weitgehend, faire Marktbedingungen einzurichten, welche Kleinanleger nicht länger benachteiligen und zudem die Spekulation eingrenzen. Eine Transaktionssteuer, die jeden Kauf bzw. Verkauf von Aktien und anderen Wertpapieren mit einer Steuer belegt, schien bereits dem bekannten Ökonomen J. M. Keynes im Jahre 1936 die passende Maßnahme zu sein, um das hektische Treiben der Spekulanten zu begrenzen – sein Vorschlag kam nicht durch. Auch ein 1972 von  James Tobin vorgelegter erweiterter Vorschlag, nach welchem auch Devisenhandel einbezogen werden sollte, scheiterte am übermächtigen Einfluss der Finanzlobby. Erst in den letzten Jahren hat sich unter dem Eindruck wiederholter Krisen zaghaft etwas getan; in Frankreich gilt nun ein Satz von 0,3 %, in Italien ein solcher von nur 0,1 bzw. 0,2% vom Kaufpreis der Aktie je nach Börsenplatz. 

Eine Finanztransaktionssteuer in der o. g, Höhe von weit unter einem Prozent ist einschränkungslos gerechtfertigt, noch zu niedrig und vor allem überfällig. Die Praxis muss dann zeigen, bei welchen konkreten Steuersätzen die gesellschaftspolitischen Ziele - stabilere Aktienkurse, mehr Teilhabe von Kleinanlegern und Verhinderung weiterer Akkumulation von Vermögen und Macht in wenigen Händen - erreicht werden. 

Alle aufgeführten und weiterführenden Reformschritte bedürfen unbedingt der Koordination zwischen und der Vereinheitlichung in den teilnehmenden Staaten

Zu reformieren ist auch die Einnahmestruktur des Staates. Aus der Symbiose zwischen den fairen Teilnehmern der freien Marktwirtschaft und der übrigen Gesellschaft erwächst zweierlei Kapital, die Kreativitäts Mittel der aktiven Unternehmer und die „verstorbene  Arbeit“ der Investoren. – Während dem Staat bis auf begründete Ausnahmen keine Rolle als Unternehmer zukommt, spricht rein nichts dagegen, dass er wie Investoren Aktiendepots aufbaut, und zwar idealer Weise durch Nachbildung des nationalen Aktienindex, in den USA also der Dow Jones, um keine behördliche Entscheidung Willkür auf dieser Ebene zuzulassen. Kapitalisten Kreise haben eine Aktienakkumulation in Staatshand bisher stets zu verhindern verstanden. Dort, wo es eine solche früher gegeben hat, sind die Papiere durch kurzsichtige Politiker veräußert worden. Wie auch bei der sonstigen Privatisierungswelle waren die Begründungen dem Themenbereich entlehnt, dass der Staat ein schlechter Unternehmer wäre. Diese Argumentation ist unseriös, denn der Erwerb von Aktien nach dem Profil des jeweiligen Aktienindex stellt eine Leistung dar, die nicht die geringste unternehmerische Qualifikation verlangt.