B 04
Integration

Wie sich auf dem amerikanischen Doppelkontinent, in Australien und Neuseeland beobachten lässt, haben zwischen den Einwanderern aus den verschiedenen europäischen Ländern niemals ernsthafte Kompatibilitätsprobleme bestanden. Binnen nur zwei bis drei Generationen sind neue, teilweise große Nationen wie aus dem Nichts entstanden; aus Briten, Skandinaviern, Italienern, Deutschen, Portugiesen Franzosen, Polen und anderen Europäern wurden US-Amerikaner, Kanadier und Brasilianer. 

Menschen anderer  Rassenzugehörigkeit konnten in diese im Kern europäisch stämmigen Gesellschaften ebenfalls integriert werden, was speziell die Geschichte Lateinamerikas gezeigt hat. Der Vorgang der genetischen Vermischung erfordert zwar ein Mehrfaches der für eine einfache Integration zu veranschlagenden zwei bis drei Generationen, doch vermögen vor allem vier bindungswirksame Faktoren die Menschen auch über Rassenunterschiede hinweg zusammenzuschweißen, nämlich gemeinsame Sprache, gemeinsame Religion, gemeinsamer Patriotismus und gemeinsame Wertvorstellungen. Gelingt es, diesen Faktoren gegenüber dem Trennenden der Rassenunterschiede einen klaren Vorrang zu verschaffen, entwickelt sich eine solidarische Gemeinschaft.  

Ihre dauerhafte Stabilisierung erfährt eine Nation jedoch erst im Zuge ihrer Höherentwicklung zur Freien Assoziation und Wertegemeinschaft. In der Mitte der brasilianischen Nationalflagge findet sich dieser Weg in ein wunderbar kompaktes Motto gefasst – ORDEM  E  PROGRESSO – Ordnung und Fortschritt. – Denn ausschließlich eine freiheitlich organisierte Gesellschaft kann diese beiden Ziele dauerhaft miteinander vereinbaren: Ein Unterdrückerregime vermag zwar eine (ungerechte) Ordnung einzurichten. Es vermag auch (wie der Stalinismus gezeigt hat) die Anwendung bekannter Technologie im Großen Maßstab zu erzwingen. Aber Kreativität und Fortschritt  können sich allein in einer freien und fairen Gesellschaft wirklich entfalten.

Anders als die neuen Nationen außerhalb Europas haben die Europäer auf ihrem Ursprungskontinent die Chancen der Koloniale Epoche vertrödelt, indem jedes ihrer vielen Völker seine tribalistischen Interesseneifersüchtig gegen alle anderen durchzusetzen versuchte. Die eingesetzten Mittel umfassten königlich genehmigte Piraterie (z.B. durch  „Sir“ Francis Drake verkörpert), die gegenseitige Störung der Kolonisierung in Übersee und Kriege um dortige Besitzungen – insgesamt das Gegenteil von dem, was eine europäische Integration hätte voranbringen können. 

Dieselbe kleinliche und unsolidarische Mentalität war es auch, welche die Kolonialmächte daran hinderte, ihre überseeischen Erwerbungen dauerhaft zu integrieren. Beispielsweise wurden die in Lateinamerika geborenen spanisch stämmigen Criollos/ Creolen von Spanien aus beargwöhnt und als Spaniern im Mutterland nicht gleichwertig betrachtet. Damit wurde eine psychologisch verheerende Trennlinie zwischen dem Mutterland und den Kolonien gezogen und der im Ozean übergreifende Zusammenhalt als eine Nation von Beginn an in Frage gestellt. Diese auch für das Verhältnis zwischen Großbritannien und seinen 13 nordamerikanischen Kolonien typische Haltung offenbarte eine narzisstisch-egomane Herrschermentalität – ein tribalistisches Relikt mittelalterlicher Adelsherrschaft. Das Ergebnis bestand in der Lösung der 13 Kolonien von Großbritannien als USA sowie der lateinamerikanischen Kolonien bzw. Vizekönigreiche von Spanien. Nur die Trennung Brasiliens von Portugal verlief harmonisch. Deutlicher, so könnte man meinen, konnte die Geschichte die fehlende Zukunftstauglichkeit des Tribalismus nicht vor Augen führen – und damit die Notwendigkeit seiner Ablösung durch höhere Organisationsformen. – Doch unter dem wachsenden kapitalistischen Einfluss kam es statt zur Überwindung des Tribalismus zu dessen weiterer Steigerung – mit der Folge zweier Weltkriege, des insgesamt desaströsen leninistischen Experiments sowie einer bis heute zunehmenden politischen Desorientierung.

 Als äußerer Ausdruck des europäischen Niedergangs hat sich in den letzten Jahrzehnten auch das globale Migrationsmuster umgekehrt. Europa ist vom Auswanderungskontinent mehr und mehr zum Einwanderungskontinent geworden, während sich die Migrationsströme in die USA, nach Kanada und Australien heute vor allem aus relativ rückständigen Ländern speisen. Das seit etwa 1975 inflationär anwachsende Phänomen der Fluchtmigration mit Ursprungsländern im islamischen Orient und in Afrika wird durch demographische und politische Mechanismen in Gang gehalten, deren tiefere Ursachen und perfide Wechselwirkungen vom „westlichen“ Establishment nicht verstanden werden und offensichtlich auch nicht verstanden werden sollen – siehe Anhang C 7, zweite Hälfte.

Mit den Herkunftsregionen der Migranten hat sich zugleich die Neigung gewandelt, sich in die Nationen der  Aufnahmeländer authentisch zu integrieren. In Europa bilden namentlich Einwanderer aus islamischen Ländern wachsende Parallelgesellschaften. Selbst nach mehreren Generationen bleiben die Anzeichen für eine tatsächliche Eingliederung meistens defizitär:

  1. Der Freundes- und Bekanntenkreis setzt sich vorwiegend aus Personen mit demselben Migrationshintergrund zusammen.

  2. Entsprechende Gruppenbildung ist im Straßenbild unübersehbar, oft auch durch die Gruppengröße.

  3. Derartige Beobachtungen fallen auch dadurch leicht, dass bezüglich Kleidung und Haartracht betont abweichende Stilrichtungen bevorzugt werden

  4. Von der Achtung, welche erste orientalische Migranten in Europa (Türken ab 1961 als Gastarbeiter in Deutschland) den Einheimischen noch (aufgrund des zivilisatorischen Vorsprungs mit gutem Grund) entgegengebracht hatten, ist nicht die kleinste Spur übriggeblieben. Die einst positive emotionale Haltung hat zunehmend tribalistischer Eifersucht, Anspruchsdenken und Misstrauen Platz gemacht – nicht zuletzt als Ergebnis einer polarisierenden Wirksamkeit der Medien.

  5. Eheschliessungen zwischen Einheimischen und islamischen Migranten bilden die Ausnahme.

  6. Männliche Migranten fahren zur Suche einer Ehepartnerin oft eigens in ihr Herkunftsland. Für die Kinder ist damit eine eingeschränkte Sprachintegration vorprogrammiert.

  7. Die Kinder erhalten fast durchweg Namen, die in den Herkunftsländern üblich sind.

Auch wenn Politiker Integration beschwören, überwiegt faktisch seit Jahrzehnten und sich beschleunigend eine Desintegration. Den korrekten Maßstab bildet der Vergleich zwischen den Zugängen (durch Migration und Geburtenüberschuss) zu diesen Parallelgesellschaften mit den Abgängen durch solche Personen, die den Integrationsschritt in die vorgefundene Nation tatsächlich vollziehen. Mit nur einer einzigen Testfrage kann jeder Migrant seinen aktuellen Status überprüfen. Dazu muss er allerdings vorab dreimal den folgenden Satz  laut aufsagen oder einmal aufschreiben: „Ich wünsche mir sehr, dass es uns schon bald viel besser geht.“ – Mit dieser positiven Aussage kann sich natürlich jeder Mensch auf der Erde identifizieren.  Doch die Testfrage soll klären, mit welcher Gruppe man sich identifiziert und lautet  daher: Wen hast du dir vorgestellt, als du „uns“ gesagt hast?  Denn Integration kann erst dann als vollzogen gelten, wenn die Zugehörigkeit  zur aufnehmenden Nation für den Betreffenden einen höheren emotionalen Stellenwert erhält als die zur Herkunftsgruppe und folglich mit „wir“ und „uns“ belegt wird.

Dafür aber werden die Voraussetzungen ständig ungünstiger, indem heute mehr als fünfmal so viele Migranten mit islamischem Hintergrund in Westeuropa leben wie in den 1960er Jahren und die Integrationskraft, nämlich die Attraktivität der einheimischen europäischen Gesellschaften für Integrationswillige drastisch abnimmt. Selbstverständlich spüren die Migranten den mangelnden Zusammenhalt, den allgegenwärtigen Antipatriotismus und die fehlende Wahrnehmung der Interessen der europäischen Nation(en) durch die Politik. 

Die auf diese Realität adaptierte doppelte Testfrage für Migranten lautet daher: Unterstützt Du einen Einwanderungsstop für Europa - solange der Islam seine freiheitlich-demokratische Kompatibilität (noch) nicht gewährleisten kann - damit eine reale Chane entsteht, die bereits Eingewanderten in unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft zu integrieren? – Oder bist Du gegen einen Einwanderungsstopp, weil wir Moslems sonst in Europa nicht bald die Mehrheit bilden werden.

Bei den allein gelassenen „westlichen“ Bürgern einschließlich der authentisch integrierten Menschen mit Migrationshintergrund schwinden Selbstwertgefühl und Selbstachtung – und das in dem Kulturerdteil, welchem die Menschheit die moderne technische Zivilisation zu verdanken hat. Wer nur ein Minimum an psychologischem Einfühlungsvermögen besitzt, wird erkennen, dass beispielsweise die EU-Subventionierung islamischer Gotteshäuser nicht etwa in echter Herzlichkeit wurzelt, sondern eine (armselige) altruistische Abtretung darstellt, also eine reflexartige Abwehr von Schuldgefühlen. Solche sachlich unbegründeten Schuldgefühle haben Politiker – stellvertretend für ihre Bürger -- in Jahrzehnten der antipatriotischen Propaganda akkumuliert – siehe Anhang C 7. Die unechte Großzügigkeit kann auch bei den Begünstigten keine echte Dankbarkeit oder gar solidarische Verbundenheit auslösen. Vielmehr wird das fortwährende Entgegenkommen korrekt als unterwürfiges Appeasement gesehen, also jenes politisch verheerende (schon von Machiavelli als solches erkannte) Antiprinzip, das einer stetigen Verschiebung bestehender Kräfteverhältnisse zum eigenen Nachteil Vorschub leistet, um eine dadurch erstarkende andere Partei vermeintlich zu beschwichtigen. Die auf Seiten der Politiker zugrunde liegende Psychologie, welche von einer systematischen Kultivierung kollektiver Schuldgefühle geprägt ist, wurde in Kapitel A 25. „Nationalismus, Patriotismus und freie Assoziation“ wie folgt erläutert: „Wer als Person keine Selbstachtung  empfindet, leidet lediglich unter Minderwertigkeitskomplexen. Doch die Selbstachtung des sozialen Verbandes abzulehnen bedeutet zusätzlich, seine Mitmenschen zu Kollateralopfern der eigenen psychischen Defizite zu machen. Zudem stellt diese Geringschätzung eine unterwürfige „altruistische Abtretung“ dar, und zwar gegenüber den – gar nicht legitimierten – Mächtigen, die ihre „Untertanen“ genau so haben möchten – komplexbeladen und paralysiert durch fehlende Selbstachtung“.

Mit einem Fruchtbarkeitsindex von etwa 1,4 Kindern pro Frau (bestandserhaltend ist ein Wert von 2,1) in vielen europäischen Ländern lässt die demographische Entwicklung die einheimische Bevölkerung in jeder neuen Generation auf etwa 2/3 der vorausgegangen schrumpfen. Bei gleichzeitigem Integrationsstau und folglich wachsenden Parallelgesellschaften wird ein Kippen der Mehrheitsverhältnisse unausweichlich und zugleich unumkehrbar, da die nicht integrierten Migrantengruppen im Moment des zahlenmässigen Gleichstandes bereits einen etwa doppelt so großen Anteil an den Kinderjahrgängen aufweisen – und damit an der nächsten Elterngeneration. Ohne grundsätzlichen Politikwandel wird die - entsprechend der Initiative Victor Hugos - historisch vorgezeichnete Entwicklung der europäischen Völker zu einer geschlossenen Nation damit endgültig abgewürgt. 

Aus diesen historischen Versäumnissen und überhaupt aus der Geschichte die richtigen Lehren zu ziehen sollte dort beginnen, wo man hinsichtlich Integration und Aufbau einer großen Nation schon weiter war als man es heute in den „westlichen“ Ländern ist – in Rom. Namentlich in den Jahrhunderten starker Expansion brachte das römische Imperium der Großregion rund um das Mittelmeer zivilisatorischen Fortschritt – und weitgehenden Frieden. Die  Grundlage für Letzteren bildete die nach außen unanfechtbare Führungsposition, welche für Autorität und Respekt sorgte. Die Häufigkeit von Attacken durch Völker außerhalb der Grenzen hielt sich dadurch auf so überschaubarem Niveau, dass man von der Pax Romana sprach, dem römischen Frieden. – Die entsprechende Frage nach einer authentischen Pax Americana während der 77 Jahre möglicher souveräner US-Dominanz nach dem 2. Weltkrieg stößt allerdings nur auf inkonsistente Fragmente und ungenutzte Chancen.

Auch wenn die überlegene militärische Macht Roms eine unverzichtbare Grundvoraussetzung darstellte, war ihr tatsächlicher Einsatz für das Hinzugewinnen und Halten neuer Territorien nicht der Hauptfaktor. Dieser bestand vielmehr in der höherentwickelten und dadurch attraktiven römischen Lebensweise und Kultur und hatte in den Randgebieten des Imperiums  umfangreiche Anpassungs- und Integrationsprozesse zur Folge. Darin ist jedoch weitaus mehr zu sehen als nur ein vordergründiges Streben der weniger zivilisierten Völker nach Bequemlichkeit. Vielmehr sind es handfeste Überlebensvorteile, welche eine fortgeschrittene Zivilisation zu bieten hat. Erstens eröffnen bis dahin unbekannte Handwerkstechniken neue Chancen für kleine selbständige Existenzen, zweitens gewährleisten verbesserte Verkehrswege (Römerstrassen, piraten sichere Seewege) eine ganzjährige Nahrungsmittelversorgung, drittens garantiert medizinischer Fortschritt eine höhere Lebenserwartung und viertens kann die regionale Nahrungsmittelproduktion mit verbesserten Agrar Geräten und –techniken gesteigert werden.

Außer dem Römischen Reich zeigten auch andere große Nationen wie China und Russland solche Integrationsprozesse und deren Vorteile für die Integrierten. So lag die Kindersterblichkeit in den Städten Sibiriens mit ihren russischen sowie integrierten asiatischen Bewohnern mindestens bis in die 1960er Jahre niedriger als im ländlichen Raum mit seiner weniger integrierten asiatischen Bevölkerung. Das war ein Beispiel dafür, wie in den Randzonen der grossen Nationen - schon immer und automatisch – auf demograpischem Wege ein Überwiegen der Integration gegenüber der Desintegration gewährleistet war. - Integrationsabsolventen hatten schlicht einen Überlebensvorteil gegenüber denjenigen, die in ihrer ethnischen Herkunftsidentität verharrten.

Die kapitalistische Herrschaft hat diese seit Jahrtausenden funktionierenden  Gleichgewichte erodiert und in ihr Gegenteil verkehrt - nämlich in eine inflationär wachsende demographische Benachteiligung aller bereits zivilisationsangepasster Gruppen, das heisst namentlich der grossen Nationen und aller gut in sie integrierten Minderheiten. Bei einem erhalten gebliebenen Minimalpatriotismus wären solche Schieflagen längst als destruktiv identifiziert und mit geeigneten Massnahmen zielführend abgestellt worden, und zwar  aus Verantwortung. Denn der Fortbestand der Zivilisation führenden Nationen und deren Allianz stellt die unverzichtbare und alternativlose Basis für die langfristige Sicherung von Frieden, Freiheit und Fairness dar. Deren Ablösung durch wachsende Parallelgesellschaften würde die freiheitlich-demokratischen Widerstandskräfte gegen den Kapitalismus dauerhaft paralysieren und die historische Chance für eine Systemablösung vergehen lassen – für eine gewaltfrei-harmonische sogar unwiederbringlich. 

Folglich gilt es an die Stelle der – unter den aktuellen Vorzeichen - desintegrierenden Migrationsbewegungen sowie des polarisierenden Antipatriotismus und des orientierungslosen Aktionismus eine Politik der integrierenden Gesellschaftsentwicklung sowie der klaren Perspektiven und rationalen Lösungen zu setzen:

  1. Unterlassen (para)militärischer Einmischungen in Problemländern

  2. Stattdessen zivile Hilfe für selbständige Existenzen gegen die Problemursachen

  3. Letztere als Hilfe zur Selbsthilfe, welche die Rolle des Staates in der Entwiklungshilfesteuerung (und  -veruntreuung) zurückgedrängt

  4. Schrittweise Befreiung des Überseehandels namentlich mit Afrika von Restriktionen, Zöllen und Bürokratismus, so dass sich ein tatsächlicher Fair Trade abseits oligopoler Extraprofite entwickeln und Hunderten von Millionen Menschen eine selbständige Existenzgrundlage bieten kann (siehe Kapitel B 2. Mitte).

  5. Migrationsstopp Richtung Europa als Sofort-Selbstschutzmaßnahme der Zivilisation

  6. Wirksame Hilfestellung bei der authentischen Integration in allen Aufnahmeländern

  7. Wiederhestellung einer bestandserhaltenden Demographie in den Nationen der Allianz. Diese wird sich weitgehend automatisch im Gefolge substanzieller Gesundheits Fortschritte einstellen. In der Langzeitperspektive muss klar werden, dass allein Migration von höher zivilisierten in Richtung geringer zivilisierte Regionen einen entwicklungsfördernden Effekt haben kann. Geburtenüberschüsse in rückständigen Regionen sowie in Parallelgesellschaften sind dagegen Ausdruck fehlender Anpassungswilligkeit an unverzichtbare Stabilitäts-Prinzipien der Zivilisation – siehe Kapitel B 1. „Die ökologische Nische des Homo sapiens“.  

Aus diesem letztgenannten Grund bleiben die islamischen Parallelgesellschaften so lange eine Quelle der Desintegration, wie ihr Geburtenüberschuss die Abgänge durch authentisch sich integrierende Personen übersteigt. Indem die Stabilität der Nation zwingend einen Integrationsüberschuss erfordert, ist mit den Betroffenen in aller Offenheit über wirksame Korrekturmöglichkeiten zu reden.

  1. Es liegt im legitimen Überlebensinteresse der Gesellschaft, dass für ihre Bürger - also auch Neubürger -  die  Zugehörigkeit zur Nation einen emotionalen Vorrang vor jeder Zugehörigkeit zu einer Untergruppe oder Minderheit erhält – siehe Selbsttests weiter oben.

  2. Die Gültigkeit dieses Prinzips anzuerkennen stellt die Grundlage jeder kompatiblen Eingliederung einer Untergruppe bzw. Minderheit in die Gesellschaft dar.

  3. Zu den Kompatibilität herstellenden Anpassungen speziell von Glaubensgemeinschaften gehört es daher, ihren Mitgliedern etwas Lockerung der z.T. sehr engen Bindung an die Gruppe zuzugestehen, um der Bindung an die Nation emotionalen Raum zu schaffen.

Wie theoretisch überlegt und durch jede Revolte, jeden Bürgerkrieg sowie das Phänomen des Terrorismus bestätigt, stellt unzureichende Kompatibiltät der Weltbilder und Wertvorstellungen zwischen der Gesellschaft und einzelnen ihrer Teilgruppen eine existenzbedrohende Gefahr dar. Als psychologisches Phänomen kann das im Kompatibilitätsmangel verborgene Gewaltpotenzial nicht mit den Mitteln der Macht und der Gegengewalt entschärft werden. Der War against Terror, den George Bush Jr. verkündet hatte, funktioniert schon vom Grundgedanken her nicht. Der allein nachhaltige Weg ist der des aufrichtigen Dialogs. Er führt über hypokrisie freie Kommunikation, in welcher das Trennende klar zur Sprache kommt, sachlich und ohne Beschönigung - jedoch mit dem authentischen Bemühen, die Motive der Gegenseite zu verstehen. Der friedvolle Ansatz ist allerdings nicht dahingehend misszuverstehen, dass militärische oder paramilitärische Attacken passiv hinzunehmen sind. Im Gegenteil lässt sich einmal begonnenes Blutvergießen nur dadurch auf ein Minimum begrenzen, indem man in dieser Verteidigungslage mit großer Entschlossenheit hart und effektiv zuschlägt, um in kürzester Zeit die Rangordnung klarzustellen – siehe 6-Tage Krieg 1967.

Entschlossenheit (nicht zu verwechseln mit hypokritischer Überheblichkeit, Starrsinnigkeit oder Verständnislosigkeit) ist auch bei den genannten Gesprächen in vitalen Fragen der Nation bzw. Allianz erforderlich. Problemthemen, welche spezifisch islamischen Gruppen gegenüber anzusprechen sind, betreffen u.a. die emotionale Haltung gegenüber Christen und „Ungläubigen“,  faktische Diskriminierung von Christen in islamischen Ländern (mit der Folge einer Abnahme deren Bevölkerungsanteils), Schariakompatibilität mit dem europäischen Recht, speziell den Frauenrechten, Recht auf Austritt aus der Glaubensgemeinschaft, Vermeidung einer Involvierung von Nichtmoslems in regelmässige Gebetsverübung (z.B. am Arbeitsplatz). Hauptsächlich geht es allerdings um die Frage, wie die geschlossene Religionsgemeinschaft absolut sicherstellen kann, dass die Gläubigen nachhaltig gegen Radikalisierung und religiöse Intoleranz immunisiert werden. Dazu gilt es auf internationaler Ebene alle islamischen Untergruppierungen wie Schiiten und Sunniten zugleich untereinander zusammenzubringen wie auch mit Vertretern anderer Religionsgemeinschaften, um das alle gleichermaßen angehende Thema der stetigen gegenseitigen Kompatibilitäts Verbesserung zielführend zu diskutieren. Denn nur zentrale und damit für die Gläubigen aller Religionsgemeinschaften verbindliche Erklärungen nach dem Muster der UN-Menschenrechtserklärungen vermögen die nötige Autorität und Verantwortung zu transportieren, mit welcher das kompatible Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religion sicher zu gewährleisten ist. Ein Aufeinanderzugehen von Schiiten und Sunniten ist dabei ein erster notwendiger Schritt, doch erst die Reflexion der islamischen Vorstellungen an denen der anderen Religionsgruppen kann - und muss umgehend - zu Konzepten führen, die besagten Immunschutz gegen Radikalisierung weltweit nachhaltig gewährleisten. 

Ausdrücklich vermag ein fast nur auf den „Westen“ beschränkter Reformislam, der zudem die entscheidende Frage nach einem grossen und global verbindlichen Kompatibilitäts Konzept gegenüber anderen Religionen bisher nur zögerlich und  uneinheitlich angeht, keine historische Beständigkeit zu entfalten. Vielmehr würde er sich eher früher als später wieder zum Fundamentalismus zurückentwickeln. 

Die Verantwortung für eine stetige Verbesserung der Kompatibilität mit der freiheitlich-demokratischen Nation liegt allerdings nicht nur auf der Ebene der Religionsvertreter, sondern ebenso auf der Ebene der Individuen, von denen erwartet werden kann, dass sie sich mehr und mehr in einen „Autonomous State“ schalten, um an der allgemeinen Emanzipation in der Gesellschaft teilzunehmen. Dagegen ist bekannt, dass auch in den islamischen Parallelgesellschaften im Verborgenen Praktiken vorkommen, die nicht mit westlicher Rechtsstaatlichkeit vereinbar sind, u.a. Zwangsverheiratung und Racheakte gegen Personen, die aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten sind. Es ist sehr schwer, aber alternativlos notwendig, den Akteuren und Befürwortern solcher Aktionen einen Spiegel vorzuhalten, in welchem sie erkennen müssen, dass sie sich auf diese Weise als Extrem Tribalistas outen, für die das Individuum keinen eigenen Wert und keine eigenen Freiheitsrechte besitzt, sondern ausschließlich als Mitglied der Glaubensgemeinschaft. Indem die Gruppe über das abhängige Individuum entscheidet, beansprucht sie die Rechte eines Eigentümers. Versteckte oder offene Sklaverei aber ist weder mit den Menschenrechten noch mit freiheitlich-rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar. 

Die Kompatibilitäts-Verbesserung bildet die Voraussetzung tatsächlicher Integration. Einheimische können Migranten darin unterstützen, daran zu arbeiten, aber sie können ihnen dabei weder die Initiative, noch die Verantwortung abnehmen. Die kapitalistische Medienpropaganda hat dieses Prinzip jahrzehntelang auf den Kopf gestellt und fälschlich eine Bringschuld seitens der Nation namentlich gegenüber unterschiedslos allen Migranten unterstellt, für deren Integration sie verantwortlich wäre. Als Schlüssel Tugend, über welche das gelingen sollte, wurde pausenlos mehr Toleranz eingefordert.

Doch Toleranz (von Lateinisch tolerare=ertragen), also bloße Duldung, bildet alleine absolut keine hinreichende Grundlage für irgendeinen Zusammenhalt, da ein Fehlen von Ablehnung noch keine Bindung darstellt.

Die Nation als Souverän des Staates und Wächter über die freiheitliche Demokratie muss daher von Menschen, welche die Niederlassung auf ihrem Territorium beantragen, deutliche Zeichen eines authentischen Zugehörigkeit Wunsches zur Nation verlangen. Nur so kann sie nachhaltig ihrer Aufsplitterung in tribalistische Einzelgruppen begegnen, die sich als blosse Kommensalen „tolerant“ um die Quellen des materiellen Wohlstandes versammeln, bei deren Versiegen die oberflächlich kaschierte tribalistische Zerstrittenheit aber wiederauflebt.

In den Jahrzehnten nach dem II. Weltkrieg wurde unter kapitalistischem Einfluss ausnahmslos jeder Ansatz torpediert, besagten tribalistischen Tendenzen rational zu begegnen und die Nationen und ihre grösseren Zusammenschlüsse (EU/ UE, Mercosur/Mercosul) zu freien Assoziationen weiterzuentwickeln. Dabei wurde diese Politik der Erosion und Desintegration der grossen Nationen geschickt hinter vorgeblich anthropophilen Fassaden und Vorwänden versteckt. Eine dieser Fassaden stellt der propagierte Schutz von Minderheiten dar. So existieren in Lateinamerika auch 500 Jahre nach der spanisch-portugiesischen Eroberung immer noch verschiedene indigene Sprachen, deren Erhalt und erneuter Ausbreitung verschiedene Organisationen bemerkenswert viel Engagement widmen. Doch dem historisch unausweichlichen Trend, der viele kleine Völker zu wenigen großen Nationen zusammenschweißt, entspricht eine parallele kulturelle Evolution, die von vielen Tausenden von Sprachen auf der Erde zu wenigen großen führt. Diesen Evolutionsprozess aufhalten zu wollen, liegt einer falschen Gewichtung von Werten zu Grunde. Einen tatsächlich unersetzlichen Wert verkörpert die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten in der Natur, deren Entstehung viele bis Hunderte von Millionen Jahren an Evolutionszeit erfordert hat. Sprachen dagegen stellen vergleichsweise kurzlebige Ergebnisse der ungleich rascheren kulturellen Evolution dar; die erforderliche Entwicklungszeit beträgt nur wenige Tausend Jahre. Deren Ablösung durch andere, von mehr Teilnehmern verwendete Sprachen stellt einen wesentlichen Teil eben dieser – das weltweite babylonische Sprachengewirr allmählich auflösenden Sprachen Evolution dar.

Auch manches andere der anthropophil aufgemachten Engagements für (indigene) Minderheiten führt von integrierenden Lösungen weg. Von besonderer Brisanz ist die tendenziöse Behandlung des Themas „Minderheiten in den westlichen Provinzen Chinas“ in den „westlichen“ Medien und der flankierenden US-Politik. In der Mitte des Kapitels A 30. „Widersprüche“ wurde hierzu bereits festgestellt: „Insbesondere über die westlichen Landesteile Tibet mit einer überwiegend buddhistischen und mehr noch Xing Quiang mit einer größtenteils muslimischen, turksprachigen Bevölkerung werden regelmäßig Beiträge veröffentlicht, welche  implizieren, dass die dortigen Minderheiten von China unterdrückt würden und mehr Autonomie oder sogar die Unabhängigkeit zu beanspruchen hätten“. Dabei war das jahrtausendelange Überdauern Chinas allein unter der Voraussetzung möglich, dass die Nation im Zusammenleben mit Randvölkern und Minderheiten stets einen Integrations Überschuss aufrechterhalten konnte. Dass man in China solche Selbstverständlichkeiten wahrnimmt, während man sie seitens der „westlichen“ Politik bis heute meinte ignorieren zu können, wurde weiter oben in diesem Kapitel bereits erklärt: „Die kapitalistische Herrschaft hat diese seit Jahrtausenden funktionierenden  Gleichgewichte erodiert und in ihr Gegenteil verkehrt - nämlich in eine wachsende demographische Benachteiligung aller bereits zivilisationsangepasster Gruppen, das heisst namentlich der grossen Nationen und aller gut in sie integrierten Minderheiten. Bei Vorliegen eines Minimalpatriotismus wären solche Schieflagen längst als destruktiv identifiziert und mit geeigneten Maßnahmen zielführend abgestellt worden, und zwar  aus Verantwortung“. 

Wie zunehmend gefährlich es ist, sich weiterhin von den desintegrierenden Impulsen der kapitalistischen Herrschaft leiten zu lassen, tritt namentlich in den USA immer deutlicher zu Tage. Dort haben die nicht mehr rein friedlichen Demonstrationen am Weissen Haus nach der Präsidentenwahl 2020 ein gefährliches Missverständnis des demokratischen Grundgedankens gezeigt. Die Nation bringt ihren politischen Willen in Wahlen, Abstimmungen und friedlichen Demonstrationen zum Ausdruck, nicht in Revolten. Diese sind allein in autoritären Systemen angemessen, wo demokratische Möglichkeiten der Willensbekundung fehlen. – Das muss auch beim bevorstehenden Systemwechsel aus dem Kapitalismus zur zeitgemässen Demokratie tief im Bewusstsein verankert sein: Die Nation tritt nicht als Bittsteller auf und schon gar nicht als emotionalisierter Aufständischer, sondern als legitimer Souverän, der seinen Willen zum grundlegenden Wandel bei den nächsten Wahlen auf dem Stimmzettel zum Ausdruck zu bringen vermag – in aller Ruhe und Bedachtsamkeit.

Unter psychologischem Blickwinkel zeigten die Szenen am Weissen Haus eine tiefe tribalistische Zerstrittenheit der Nation mit Vorzeichen einer Bügerkriegsstimmung - das vorhersehbare Ergebnis der unsolidarischen, vorsätzlich polarisierenden Herrschaft des Großkapitals. Dessen Wahrnehmung großer und besonders tüchtiger Nationen ist die als Rivalen, was allerdings erst dann in voller Klarheit ans Licht kommt, wenn diese als Werkzeug ausgedient haben. „Nach Gebrauch wegwerfen“ ist eine altbekannte, typische Maxime – die allerdings schon dem Wortlaut nach ihre fehlende Nachhaltigkeit anzeigt. - Sobald die tatsächliche Lage der amerikanischen Nation Eingang ins Bewusstsein der Bürger gefunden hat,wird der Blick für tatsächliche Lösungen der großen gesellschaftlichen Aufgaben frei, welche namentlich den ausufernden Tribalismus betreffen. Indem klar wird, dass alle Individuen und Gruppierungen der Nation in einem gemeinsamen Boot sitzen, gelangt endlich ins Bewusstsein, dass dem Schutz dieses Bootes eine klare Priorität zukommen muss – und zwar zuoberst als Schutz nach innen gegen Desintegration. Nur so kann das Prinzip der Priorität der Nation zu der Selbstverständlichkeit werden, die sie tatsächlich ist. – Diese Selbstverständlichkeit ist der eigentliche Schlüssel zu jeder Integration.  

Wird diese Einsicht fester Bestandteil des Bewusstsein der Bürger und Politiker, bestehen auch wieder günstige Perspektiven für eine zunehmende Integration innerhalb des amerikanischen Doppelkontinents und ebenso Ozean, übergreifend mit Russland, dem übrigen Europa und Australien/ Neuseeland. Integration auf zwischenstaatlicher Ebene hat außer der wichtigen emotionalen Seite auch eine administrativ-organisatorische. Das Stichwort heisst auch hier Kompatibilität und bedeutet, dass Hindernisse in Gestalt unterschiedlicher Standards abgebaut werden. Auf technischem Gebiet sorgt der (teilweise) freie Markt dafür, dass sich u.a. bewährte Kabel- und Steckertypen durchgesetzt haben, aber auf anderen Gebieten wie bei Schriftzeichen, Maßeinheiten, Gewichten und Formaten sind Absprachen auf Regierungsebene erforderlich, um zu zeitgemässen Vereinheitlichungen gelangen zu können. 

Die Evolution, und hier geht es um die technische Evolution, führt stets und unausweichlich zum effektivsten und dabei einfachsten Ergebnis - überflüssig aufwändige Lösungen können sich nicht dauerhaft behaupten. 

  1. Das bedeutet beispielsweise, dass sich das perfekt logische und einfache und dadurch alternativlose metrische System für Masse und Gewichte  langfristig weltweit behaupten wird. Je eher sich die angelsächsischen Länder daranmachen, ihre umständlichen Einheiten Gallonen, Fuß, Meilen, Grad Fahrenheit usw. abzulösen, umso vorteilhafter für alle.

  2. Mit noch fortbestehendem quantitativem Wachstum auf allen Ebenen, namentlich auch bei Geldmengen, birgt die Uneinheitlichkeit der Namensgebung für größere Zahlen die Gefahr gigantischer Missverständnisse. In Deutschland wird ein Betrag von 1.000.000.000,00 eine Milliarde genannt, auch in Grossbritannien one milliard, in Spanien/ Lateinamerika mil millions, in den USA aber one billion, also mit demselben Wort, das in Großbritannien, Deutschland und anderen Ländern das Tausendfache meint. Da der Betrag in den USA auch in Ziffernschreibweise anders erscheint, nämlich als 1,000,000.00, ist der einzige Kommentar, der dazu einfällt: absolutes No-go, dringender Vereinheitlichungsbedarf. 

In vielerlei Hinsicht hat die Gesamtheit der europäischen Länder einschließlich der europäisch geprägten Länder in Übersee (Nord- und Südamerika, Australien / Neuseeland) die kulturelle Nachfolge des Römischen Reiches angetreten. Das Rechtssystem ist weitgehend an das römische Recht angelehnt, die Sprachen sind mehr oder weniger stark vom Lateinischen beeinflusst, die Schrift ist ganz überwiegend lateinisch und manche handwerkliche Technik hat römische Wurzeln. Während der Zeitepoche der Renaissance (=Wiedergeburt) erlebten auch antike Kunst und Architektur für die europäisch geprägten Länder eine identitätsstiftende Neubelebung. Als die Europäer im Entdeckerzeitalter mit ihrer globalen Expansion begannen, zeigte dieser Vorgang gleichfalls viele Parallelen zur schrittweisen Eroberung des Mittelmeerraumes durch die Römer. Mit der Möglichkeit, jeden noch so entfernten Winkel der Erde erreichen zu können, war die Zeit reif für den Schritt in eine Pax Europaea, eine befriedete Erde unter europäischer Führung. In Europa lagen alle Voraussetzungen vor – eine zahlreiche und gut ausgebildete Bevölkerung, später schrittweiser Übergang zur freiheitlichen Demokratie, unfragliche militärische Überlegenheit gegenüber sämtlichen anderen Kulturräumen zusammengenommen, Mobilität dank großer Flotten, großer technischer und wissenschaftlicher Vorsprung und damit große Attraktivität für Integrationswillige.

Doch die Entdeckung und Eroberung des amerikanischen Doppelkontinents durch die Europäer wird in der „westlichen“ Medienlandschaft, in der historischen Literatur und im Geschichtsunterricht an Schulen zunehmend in ein einseitig negatives Licht gerückt. Unbestreitbar hat es Gewalt, Versklavung und Tote gegeben, aber das sind allgemeine Merkmale von Eroberungen, die es ebenso und in oft brutalerer Form bei den Vorstössen innerasiatischer Reitervölker (u.a. Hunnen, Mongolen und Timuriden) nach Europa, Persien und/oder Indien sowie bei den frühneuzeitlichen Überfällen maurischer Piraten auf Küsten und Inseln in Südeuropa und sogar auf US-Handelsschiffe gegeben hat. Doch im Unterschied zu diesen historischen Ereignissen war die waffentechnische Überlegenheit bei der Eroberung Amerikas so gewaltig, dass selbst Großreiche wie das der Inkas und das der Azteken unter Francisco Pizarro und Hernan Cortez mit jeweils nur wenigen Hundert Bewaffneten unterworfen werden konnten. Die Eroberung war aufgrund der Entwicklung der Transportmittel und Waffen historisch unausweichlich vorgegeben. Zu den tatsächlichen Vorgängen während der Kolonialzeit einen korrekten emotionalen Zugang zu finden erfordert allerdings eine Analyse und Korrektur der sehr offenkundigen kapitalistischen Bemühungen, die Fakten zu verbiegen und zu verfälschen – und damit von den imperialistisch-ausbeuterischen Aktivitäten ihrer Vorgänger während der Kolonialzeit abzulenken – siehe Kapitel A 4. 

Dabei ist es - verstärkt seit den 1990er Jahren - zu einer gezielten Beschädigung der Reputation des Entdeckers Christoph Columbus gekommen. Eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit den historischen Fakten entlarvt diese Dauer Propaganda, die längst Eingang in den Schulunterricht gefunden hat, jedoch als plumpe Verleumdung und Monsterkür. Die seriöse Schrift „Columbus Facts vs. Fiction“ ist im Internet auf www.osia.org als PDF verfügbar. 

Den Prozess der Kolonisierung neugewonnener Gebiete nach römischem Vorbild, namentlich solcher fremder Sprache und Kultur, erkannte auch der politische Kenner Niccolo Machiavelli als konstruktiv: „Das zweite vorzügliche Mittel ist, Kolonien an einen oder zwei Orte zu senden, die Schlüssel des Landes sind“. N. Machiavelli, Der Fürst, S. 7. Machiavelli erkannte auch den grundsätzlichen Unterschied zu und Vorteil gegenüber einer rein verwaltungstechnisch organisierten und militärisch abgesicherten Eroberung: „Dies ist notwendig. Wer es unterlässt, muss wenigstens die hinreichende Kriegsmacht selbst halten. Die Kolonien kosten den Fürsten nicht viel“. - Insbesondere langfristig erweist sich die Stabilisierung eroberter Gebiete allein mit den Mitteln physischer Gewalt (Militär) und struktureller Gewalt (Rechts- und Verwaltungsstrukturen) stets als unsicher und kostenaufwendig, wohingegen die Gründung von Kolonien sozusagen ein Selbstläufer ist, ein selbsttragendes und sich selbst stabilisierendes System, so wie es die Römer in ihren Provinzen rund um das Mittelmeer erfolgreich erprobt hatten. - Insofern gilt es im historischen Rückblick auch sachlich zwischen konstruktiver, nämlich vom bürgerlichen Mittelstand und Proletariat getragener Kolonisierung und ausbeuterischen Imperialismus unter der Regie von Kapitalisten und den von ihnen beeinflussten Regierungen zu unterscheiden. Die schon damals „bestens“ entwickelte Kollaboration zwischen Staatsmacht und Macht des Geldes hat die politische Realität des Kolonialismus hervorgebracht, ein Mosaik aus skrupelloser imperialistischer Ausplünderung und weithin bewundernswerter kolonisieren der Aufbau- und Integrationsleistung.  

Einer der wenigen hochrangigen amerikanischen Politiker, welcher die Vision einer im römischen Erbe verwurzelten europäisch geprägten Völker Allianz immerhin ansatzweise artikuliert hat, war Präsident J. F. Kennedy. Dieser sagte in seiner berühmten Rede vom 26. Juni 1963 „Ich bin ein Berliner“ – so jedenfalls die in der Presse publizierte - system typisch stark verengte - Fassung. Tatsächlich bot der Kontext des Ausspruchs sehr viel mehr als nur die Identifikation eines Politikers mit den Bürgern einer bedrohten Stadt.Kennedy sagte: “Two thousand years ago the proudest boast that a man could say was >>civis romanus sum<<. Today, in the world of freedom, the proudest boast is >>Ich bin ein Berliner<<. – „Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz, den ein Mensch sagen konnte:>>Ich bin ein Bürger Roms. Heute ist der stolzeste Satz, den jemand in der freien Welt sagen kann: >>Ich bin ein Berliner<<“ Kennedy schlug in dieser Rede also einen Bogen zwischen unseren kulturellen Vorläufern, den antiken Römern und der heutigen freien Welt

Im weiteren Verlauf dieser wahrhaft großen Rede wurde von Kennedy noch ein weiterer, ein aktueller Bogen über den Atlantik hinweg gespannt, indem er sagte: “I want to say, on behalf of my countrymen, who live many miles away on the other side of the Atlantic, who are far distant from you, that they take the greatest pride that they have been able to share with you, even from a distance, the story of the last 18 years. I know of no town, no city, that has been besieged for 18 years that still lives with the vitality and the force, and the hope and the determination of the city of West Berlin”. - “Ich möchte Ihnen im Namen meiner Landsleute, die viele (Tausend/ Klarstellung) Meilen weit entfernt von Ihnen leben, auf der anderen Seite des Atlantiks, sagen, dass meine amerikanischen Mitbürger sehr stolz darauf sind, mit Ihnen, selbst aus der Entfernung, die Geschichte der letzten 18 Jahre teilen zu können. Ich kenne keinen Ort, keine Stadt, die 18 Jahre lang belagert wurde und dennoch mit (ungebrochener) Vitalität lebt, mit der (gleichen) Kraft, der (gleichen) Hoffnung und der (gleichen) Entschlossenheit wie heute West-Berlin“. 

Dieser Teil der Berliner Rede umschreibt ein Netz aus positiven Verbindungen – seine eigene Verbindung mit seinen Landsleuten, für die er spricht, weiterhin die Verbindung dieser seiner Landsleute mit den Berlinern. Letztere wird durch die Entfernung, über die sie hält, unterstrichen und sie bekommt eine zeitgeschichtliche Dimension – durch die Herausstellung der 18 Jahre Belagerung. Wie schon die Bezugnahme auf Rom an das historische Bewusstsein appelliert, so wird auch hier die Einigkeit herausgestellt, in welcher auf die zurückliegende Zeit geblickt wird.

Kennedy gebrauchte den deutsch gesprochenen Satz noch ein zweites Mal: „All free men, wherever they may live, are citizens of Berlin, and, therefore, as a free man, I take pride in the words, “Ich bin ein Berliner”. Die ebenfalls zum zweiten Mal benutzte Wendung „take pride“, stolz sein, hatte für alles, was er inhaltlich über wechselseitige Bindungen sagte, eine unterstreichende, eine verstärkende Wirkung, „gefühlt“ um mindestens den Faktor 10. Die Intensität und Tragweite eines emotionalen Brückenschlages, wie er JFK in nur zwei überschaubaren Sätzen gelang, kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Die beiden Sätze waren nicht einmal sehr präzise ausformuliert, aber sie vermochten etwas, was Heerscharen gefühlstoter Politiker nicht gelang und mit den Scheuklappen der „Political Correctness“ auch nicht gelingen kann – die Herzen der Menschen zu erreichen

Das Beispiel zeigt, dass Völkerverständigung und Integration ganz wenig mit teuren, bürokratisch begleiteten Integrationsprogrammen und umso mehr mit dem authentischen Transport positiver Gefühle zu tun hat. Das ist auch der Hauptgrund, weshalb über 60 Jahre EWG bzw. EU die Völker Europas einander nicht nennenswert näher gebracht haben. – Die größtenteils nutzlose Inanspruchnahme dieses extrem wertvollen - weil für die Menschheit schicksalentscheidenden - Zeitfensters stellt sich damit historisch als eine gigantische Verschwendung von menschlicher Lebensenergie sowie eine fahrlässige Gefährdung der Zukunft dar. Das 1.200 Seiten umfassende Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine bietet dafür ein Beispiel, indem in Artikel 7 von einer „gemeinsamen ... Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ die Rede ist und auch andere Formen militärischer Kooperation vorgesehen sind. Solche Vereinbarungen belegen die Wegbereiterrolle der EU für die unablässige Ostexpansion der NATO.  Die gegen Russland gerichtete Zielrichtung dieser angeblichen europäischen Integrationspolitik kennzeichnet diese als in Wahrheit in riesigem Maßstab desintegrierend und zudem als sicherheitspolitisch verantwortungslos.  

Die am 24.02.2022 angelaufene russische Invasion in die Ukraine führt die grob fahrlässig heraufbeschworene Gefahr drastisch vor Augen. Wenn die Menschen jetzt besonnen bleiben, sich nicht zu tribalistischer Parteilichkeit hinreißen lassen und stattdessen auf beiden Seiten Verständigungsbereitschaft anmahnen (insbesondere auf derjenigen Seite, die man emotional favorisiert und damit tatsächlich beeinflussen kann!), ist es im nächsten Schritt auch möglich, aus der Froschperspektive nationalistischer Egoismen und einer kleinkarierten „Integrationspolitik“ der EU auf eine globale Wahrnehmung umschwenken und das historisch vorgezeichnete Projekt einer Grossen Allianz aller Länder europäischer Kultur unter Einschluss Russlands jetzt mit noch mehr Entschlossenheit anzuvisieren – weil es alternativlos ist. 

Einmal mehr sollte man an die schon in Kapitel A 24. zitierte - außergewöhnlich treffende - Botschaft von Karl Marx denken „Es wird sich zeigen, dass die Menschheit längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein haben muss, um sie wirklich zu besitzen“ / Refernz z.B. https://www.zeit.de/1981/24/